Lese-Rechtschreibschwäche (LRS)
1. Einführung
Kinder mit einer Lese-Rechtschreibschwäche zeigen oft von Anfang an große Schwierigkeiten beim Erwerb von Lesen und/oder Schreiben. Eltern und auch Lehrer/innen wissen oft nicht genau genug über diese Schwäche Bescheid und glauben, dass sich die Defizite mit der Zeit schon auswachsen werden. Fakt ist jedoch, dass Probleme die bereits zu Schulbeginn bzw. im ersten Semester der 1.Klasse auftreten meistens keine „Startschwierigkeiten“ darstellen, sondern diese Probleme ohne Förderung oft noch in den nächsten Schuljahren beobachtbar sind. Für das Kind reiht sich ein Misserfolg an den anderen und die Lust am Lernen nimmt rapide ab. Trotz der dadurch eingeleiteten Unterstützungen von außen (Eltern, Lehrer/innen, zum Teil Förderstunden) und den großen Anstrengungen des Kindes zeigen sich Fortschritte oft äußerst langsam: Das Gelernte ist unvollständig und das Kind leidet unter weiteren Rückschlägen und endlosen Wiederholungen.
Wenn die Lese-Rechtschreibschwäche rechtzeitig erkannt wird, wenn Schule (Lehrer/innen und Mitschüler/innen) und Elternhaus dem betroffenen Kind verständnisvoll begegnen, können seelische Probleme und Verhaltensschwierigkeiten, psychosomatische (z.B.: Bauch- oder Kopfschmerzen) und psychosoziale Schwierigkeiten reduziert, wenn nicht sogar vermieden werden. Eine sachgerechte Hilfe und frühzeitiges Erkennen ist nicht nur sinnvoll, um Sekundärsymptome in Grenzen zu halten, sondern ebenso für das Erleben einer einigermaßen normalen Schullaufbahn hilfreich (Jochum-Mann & Schwenke, 2005; Moll & Landerl, 2010).
Quellenangaben:
Jochum-Mann, B. & Schwenke, J. (2005). Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten – und was man dagegen tun kann. Berliner Landesinstitut für Schule und Medien.
Moll, K. & Landerl, K. (2010). SLRT-II Lese- und Rechtschreibtest – Manual. Bern: Verlag Hans Huber.
2. Was ist eine Lese-Rechtschreibschwäche (LRS)?
Bei LRS ist der Erwerb der Schriftsprache (Lesen und Schreiben) gestört. In den 1950er Jahren wurde der Begriff Legasthenie für diese Lernschwäche eingeführt, jedoch wird heute die Formulierung Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) vorgezogen (Küspert & Schneider, 2006). Nach den diagnostischen Kriterien (ICD-10 der WHO) versteht man unter der Lese-Rechtschreibstörung eindeutige Beeinträchtigungen in der Entwicklung der Lesefertigkeiten. Die Leseleistung (Lesegenauigkeit, Leseverständnis) des Kindes liegt unter einem Niveau, welches Alter und Intelligenz vermuten lassen.
Beim Erlernen der Schrift (z.B. erste und zweite Volksschule) kann es Schwierigkeiten geben, das Alphabet aufzusagen, die Buchstaben zu benennen oder Laute zu erkennen. Später können dann Fehler beim Vorlesen auftreten, wie eine niedrige Lesegeschwindigkeit oder Probleme beim sinnerfassenden Lesen (siehe Abschnitt Kennzeichen einer LRS). Mit Lesestörungen (Dyslexie) gehen häufig auch Rechtschreibstörungen einher, die bis ins Erwachsenenalter bestehen können, auch wenn das Lesen Fortschritte gemacht hat. In der Vorgeschichte von Kindern mit LRS sind häufig Entwicklungsverzögerungen des Sprechens und der Sprache zu finden.
Zusätzlich zu schulischen Misserfolgen sind mangelnde Teilnahme am Unterricht und soziale Anpassungsprobleme häufige Probleme der Kinder mit LRS. Für die Diagnose LRS müssen neurologische sowie Seh- und Hörbeeinträchtigungen ausgeschlossen werden und die bisherige Erziehung muss in einem zulänglichen Rahmen erfolgt sein (angemessene Beschulung) (Remschmidt, Schmidt & Poustka, 2012).
Quellenangaben:
Küspert, P. & Schneider, W. (2006). Hören, lauschen, lernen: Sprachspiele für Kinder im Vorschulalter. Würzburger Trainingsprogramm zur Vorbereitung auf den Erwerb der Schriftsprache. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht.
Remschmidt, H., Schmidt, M. & Poustka, F. (2012). Multiaxiales Klassifikationsschema für psychische Störungen des Kindes- und Jugendalters nach ICD-10 der WHO (6. Aufl.). Bern: Verlag Hans Huber.
3. Fakten zu LRS
- Die Lese-Rechtschreibschwäche tritt in allen Kulturen auf, in denen es eine Schriftsprache gibt (Remschmidt et al., 2012).
- Albert Einstein, Leonardo da Vinci, Walt Disney, John Lennon, Winston Churchill und Agatha Christie waren erfolgreiche Personen mit LRS (Häfele & Häfele, 2009).
- LRS ist unabhängig von der sozialen Schicht und der Intelligenz.
- Meist ist sie auch nicht auf falschen Unterricht oder eine zu geringe häusliche Förderung zurückzuführen.
- Jungen sind mindestens doppelt so häufig betroffen wie Mädchen (Küspert & Schneider, 2006).
- Während der Schulzeit sind begleitende Störungen im emotionalen und Verhaltensbereich häufig (z.B. Schul- und Versagensängste, mangelnder Selbstwert, aggressive Verhaltensweisen) (Häfele & Häfele, 2009).
- Legt man internationale Diagnosekriterien zugrunde, so sind 2 bis 4% der Kinder von Lese- und Rechtschreibentwicklungsstörungen betroffen (Klicpera et al., 2003). In Europa zeigen 7-8% der 8-jährigen, 6% der 12-jährigen und 4% der Erwachsenen eine Lese-Rechtschreibschwäche. Diese Entwicklung zeigt sich trotz Förderungen. Das heißt, dass die LRS eine recht stabile Störung ist, die bis ins Erwachsenenalter reicht. Wenn es jedoch gelingt, trotz der Misserfolge eine positive Lernhaltung zu bewahren und Schwächen mit eigenen Stärken zu kompensieren, ist fast jede Berufsausbildung möglich.
Quellenangaben:
Häfele, H. & Häfele, H. (2009). Bessere Schulerfolge für legasthene und lernschwache Schülerinnen durch Förderung der Sprachfertigkeiten. Band 1: Informationen zu Theorie und Diagnose für Therapeutinnen, Lehrerinnen und Eltern. Norderstedt: Books on Demand.
Klicpera, C., Schabmann, A. & Gasteiger-Klicpera, B. (2003). Legasthenie. München: Ernst Reinhardt Verlag.
Küspert, P. & Schneider, W. (2006). Hören, lauschen, lernen: Sprachspiele für Kinder im Vorschulalter. Würzburger Trainingsprogramm zur Vorbereitung auf den Erwerb der Schriftsprache. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht.
Remschmidt, H., Schmidt, M. & Poustka, F. (2012). Multiaxiales Klassifikationsschema für psychische Störungen des Kindes- und Jugendalters nach ICD-10 der WHO (6. Aufl.). Bern: Verlag Hans Huber.
4. Kennzeichen einer Lese-Rechtschreibschwäche
In den frühen Stadien des Erlernens einer Schrift, kann es Schwierigkeiten geben, das Alphabet aufzusagen, die Buchstaben richtig zu benennen, einfache Wortreime zu bilden und trotz normaler Hörschärfe Laute zu kategorisieren. Später treten Fehler beim Vorlesen auf, wie das Auslassen von Buchstaben, das Verlieren der Zeile oder die Unfähigkeit, das Gelesene wiederzugeben. In später Kindheit bis zum Erwachsenenalter sind die Rechtschreibprobleme meist größer, als die Defizite der Lesefertigkeit (Remschmidt et al., 2012).
Im Folgenden werden eine Reihe an Kennzeichen der Lese-Rechtschreibschwäche angeführt, die mit der Störung in Zusammenhang stehen können, aber nicht müssen (Häfele & Häfele, 2009; Jochum-Mann & Schwenke, 2005; Moll & Landerl, 2010; Remschmidt et al., 2012):
- Niedrige Lesegeschwindigkeit und Startschwierigkeiten beim Vorlesen (z.B. langes Zögern)
- Geringes Leseverständnis, sprich das Gelesene nicht wiedergeben zu können
- Aus dem Gelesenen können keine Schlüsse gezogen werden
- Werden Fragen zu einer Geschichte beantwortet, so wird allgemeines Wissen statt der Informationen aus der Geschichte herangezogen
- Lange Unsicherheit beim Erlernen der Buchstaben bzw. stätiges Nachfragen
- Schwierigkeiten beim Zusammenlauten
- Laute werden anders betont oder gedehnt, wodurch der natürliche Wortklang verloren geht und die Bedeutung der Wörter nicht erfasst werden kann
- Wörter werden häufig erfunden, die zwar in den Text passen, aber nicht dort stehen
- Die Reihenfolge von Buchstaben wird vertauscht
- Im Allgemeinen auffallend viele Rechtschreibfehler (Buchstaben ausgelassen oder hinzugefügt, Wortendungen fehlen, Groß- und Kleinschreibung)
- Verwechslungen von b d, p q, b p, d t, g k, schp statt sp, scht statt st
- Ein- und dasselbe Wort wird manchmal richtig aber auch unterschiedlich falsch geschrieben
- Satzzeichen werden häufig nicht beachtet und Satzteile falsch betont
- Schwierigkeiten im Satzbau (unvollständige Sätze, keine klaren Grenzen zwischen den Sätzen)
- Beim Abschreiben werden oft Wörter oder Zeilen ausgelassen
Quellenangaben:
Häfele, H. & Häfele, H. (2009). Bessere Schulerfolge für legasthene und lernschwache Schülerinnen durch Förderung der Sprachfertigkeiten. Band 1: Informationen zu Theorie und Diagnose für Therapeutinnen, Lehrerinnen und Eltern. Norderstedt: Books on Demand.
Jochum-Mann, B. & Schwenke, J. (2005). Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten – und was man dagegen tun kann. Berliner Landesinstitut für Schule und Medien.
Moll, K. & Landerl, K. (2010). SLRT-II Lese- und Rechtschreibtest – Manual. Bern: Verlag Hans Huber.
Remschmidt, H., Schmidt, M. & Poustka, F. (2012). Multiaxiales Klassifikationsschema für psychische Störungen des Kindes- und Jugendalters nach ICD-10 der WHO (6. Aufl.). Bern: Verlag Hans Huber.
5. Ursachen der LRS
Selten lässt sich eine LRS auf eine einzige auslösende Einflussgröße zurückführen. Bei den meisten Kindern stellt man gleichzeitig mehrere Ursachen fest, die sich gegenseitig negativ beeinflussen. Bekannt ist, dass es eine familiäre Häufung gibt, d.h. dass es in Familien mit Betroffenen der LRS häufiger zu Kindern mit dieser Störung kommt. Als ursächlich für die Ausbildung einer LRS gelten ungünstige Bedingungen während der Schwangerschaft oder Geburt, das Umfeld (soziale Schicht, zu frühe Einschulung, lange Fehlzeiten in der Schule, starker Medienkonsum), die individuelle Entwicklung des Kindes (Anregungsarmut, verspätetes Sprechen lernen, Sprachauffälligkeiten, auffällige Grob- und Feinmotorik), andere Teilleistungsschwächen (Tastsinn, Sehen, Hören, schlechte Raum-Lage-Orientierung, Merkfähigkeit etc.), schulische Bedingungen (Lehrerwechsel, methodische Fehler im Anfangsunterricht, Beziehungsprobleme zwischen Lehrern und Schülern) und psychosoziale Auffälligkeiten des Kindes (Konzentrations- oder Motivationsprobleme, Angst, Stress, Hyperaktivität).
In neurologischen Untersuchungen wurde festgestellt, dass es bei Kindern mit LRS zu Abweichungen der Aktivierungsmuster im sprachverarbeitenden Teil der Großhirnrinde kommt. Auch scheint der vordere Bereich des Corpus Callosum (Balken der die linke und rechte Gehirnhälfte verknüpft) eine geringere Ausprägung aufzuweisen, wodurch die Zusammenarbeit beider Gehirnhälften beeinträchtigt ist (Häfele & Häfele, 2009; Klicpera et al., 2003).
Weiterhin finden sich bei LRS-Kindern häufig sogenannte Blicksprünge, die Kinder können also beim Lesen nicht genau fixieren. Neben der allgemein bekannten Kurz- oder Weitsichtigkeit gibt es noch spezielle Augenschwierigkeiten, die einen Einfluss auf die LRS haben können: Brechungsanomalien durch Hornhautverkrümmungen und kaum sichtbares leichtes Schielen.
Bei Kindern mit LRS finden sich häufig Störungen der visuellen oder auditiven Wahrnehmung, etwa eine geringe visuelle Diskriminationsleistung oder eine langsame Verarbeitung von gesehenen oder gehörten Reizen.
Das phonologische Bewusstsein hat in diesem Zusammenhang eine hohe Aussagekraft und benennt die Fähigkeiten, den Klang der Wörter beim Reimen zu erkennen, Wörter in Silben zu zerlegen sowie Anlaute oder Phoneme benennen zu können. Kinder, die das im Kindergartenalter nicht können, haben ein deutlich größeres Risiko für LRS. Diese Kinder können Lautabfolgen schwerer im Gedächtnis abspeichern, Sprechwörter in einzelne Laute zerlegen und diese Laute bewusst manipulieren, da sie Probleme beim phonologischen Rekodieren aufweisen. Diese gestörte Speicherung von auditiven Reizen zeigt sich vor allem beim Nachsprechen von Pseudowörtern (Häfele & Häfele, 2009; Klicpera et al., 2003; Mey, 2012).
Quellenangaben:
Häfele, H. & Häfele, H. (2009). Bessere Schulerfolge für legasthene und lernschwache Schülerinnen durch Förderung der Sprachfertigkeiten. Band 1: Informationen zu Theorie und Diagnose für Therapeutinnen, Lehrerinnen und Eltern. Norderstedt: Books on Demand.
Klicpera, C., Schabmann, A. & Gasteiger-Klicpera, B. (2003). Legasthenie. München: Ernst Reinhardt Verlag.
Mey, P. (2012). Übungen bei Lese-Rechtschreibstörung - Erfolg durch Speichertraining. Idstein: Schulz-Kirchner Verlag.
6. Die phonologische Bewusstheit – Die Struktur der Sprache
Die gesprochene Sprache ist häufig durch das Zusammenlauten und das Auslassen und Verschlucken einzelne Buchstaben verwaschen. Damit ist die Struktur eines Wortes keineswegs so eindeutig zu erkennen wie bei der geschriebenen Sprache. Der Begriff „phonologische Bewusstheit“ bezeichnet die Fähigkeit, die einzelnen Teile der Sprache zu erkennen und wahrzunehmen (Wörter und deren Aufbau aus Silben und Lauten) bzw. die exakte Lautstruktur von Sprechwörtern schnell und automatisch zu erfassen. Gute Leistungen in der phonologischen Bewusstheit und die Kenntnis der Buchstaben und der ihnen zugeordneten Laute sind in den ersten Schuljahren ausschlaggebend für gute Leistungen im Lesen und Schreiben. Störungen in diesen Bereichen lassen sich teilweise schon im Vorschulalter differenzieren. Am Ende der 2. Klasse sollten Kinder imstande sein, gesprochene Wörter in ihre Bestandteile zu gliedern und diese nacheinander abzurufen (Klicpera et al., 2003).
Überprüfung und Training der phonologischen Bewusstheit
Fähigkeit |
Beispiel |
Silbensynthese |
Setze das Wort richtig zusammen: Blu-men-er-de |
Reime erkennen |
Reimen sich „Haus“ und „Maus“? |
Lautanalyse |
Ist ein /s/ in Sonne? |
Wort- zu- Wort- Zuordnung |
Beginnen „Maus“ und „Mond“ gleich? |
Position von Lauten |
Ist das /s/ in Sonne am Anfang, in der Mitte oder am Ende? |
Isolierung von Lauten |
Was ist der erste Laut in „Blume“? |
Lautsegmentieren |
Welche Laute hörst du in „Sonne“? |
Laute zählen |
Wie viele Laute hörst du im Wort „Puppe“? |
Lautsynthese |
Was heißt das? F-isch; Welches Wort ist das? H-u-n-d |
Laute weglassen |
Welches Wort ergibt sich, wenn du bei „Schlange“ das Sch weglässt? |
Laute ersetzen |
Ersetze bei „Baum“ das /b/ durch ein /r/ |
Laute vertauschen |
Vertausche die ersten beiden Laute des Wortes „Kamin“ |
Wörter rückwärts |
Sprich die Laute rückwärts: „Sonne“ (=> Ennos) |
Quellenangaben:
Klicpera, C., Schabmann, A. & Gasteiger-Klicpera, B. (2003). Legasthenie. München: Ernst Reinhardt Verlag.
7. Diagnostik einer Lese-Rechtschreibschwäche
Eine klinisch-psychologische Diagnostik kann erst beim Erlernen der Schriftsprache passieren, sollte aber prinzipiell so früh wie möglich erfolgen. Wesentlich ist, dass es kein einheitliches Erscheinungsbild der Lese-Rechtschreibschwäche gibt, sondern bei jedem Betroffenen eine individuelle Ausprägung vorhanden ist. Somit kann ein Training erst dann sinnvoll sein, wenn der individuelle Förderbedarf festgestellt wurde. Voraussetzung für die Erstellung eines spezifisch auf die Schwierigkeiten eines legasthenen Kindes abgestimmten Förderprogrammes ist eine umfangreiche Diagnostik die auf mehreren Standbeinen basiert:
- Aus einer genauen Anamneseerhebung mit den Eltern, dem Kind und möglicherweise den Lehrer/innen werden Informationen zur familiären Situation, zur Entwicklung des Kindes, zum Freizeit- und Sozialverhalten und zur Persönlichkeit des Kindes erhoben, um ein ganzheitliches Bild zu erhalten und komorbide Störungen auszuschließen.
- Die genaue Erhebung des aktuellen Standes der Lese- und Rechtschreibentwicklung: Dazu gibt es verschiedene Lese-Rechtschreibtests, welche explizit die Teilkomponenten und das Entwicklungsniveau im Lesen und Schreiben herauskristallisieren.
- Faktoren wie Intelligenz, Motorik, Teilleistungen, sprachliche Fertigkeiten, Konzentrationsfähigkeit und die Persönlichkeitsstruktur sind zu beachten. Auch hierfür stehen standardisierte Tests zur Verfügung.
- In weiterer Folge werden noch andere Komponenten berücksichtigt wie der Umgang mit Misserfolgen, die Arbeitshaltung, selbstständiges Arbeiten, die Motivation, das Selbstvertrauen etc.
- Zusätzlich ist es wichtig, von einem Facharzt die Augen und Ohren abklären zu lassen.
8. Psychologisches LRS-Training
Wichtig ist, dass die Kinder Lernangebote bekommen, die sich auf ihre individuelle Lernsituation beziehen und ihnen helfen, die nächste Entwicklungsstufe zu erreichen. Elternhaus und Schule können jedoch meist die individuelle Einweisung in spezifische Merktechniken und Stressabbaumethoden kaum leisten. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, lese-rechtschreib-schwache Kinder einige Zeit mit einer qualifizierten Begleitung zu unterstützen. Das Training sollte dabei auf die individuellen Stärken und Teilleistungsschwächen die den Lese- und Rechtschreiblernprozess beeinträchtigen schauen. Grundsätzlich beinhaltet eine psychologische Behandlung bei einem Kind mit LRS mehrere Bausteine (Kopp-Duller, 2000):
- Aufmerksamkeits- und Konzentrationstraining
- Funktionstraining: visuelle Wahrnehmung und Verarbeitung, akustische Wahrnehmung und Verarbeitung, Gedächtnis und Merkfähigkeit,..
- Symptomtraining: Lesetraining, Wortverarbeitung, Rechtschreibung
- Elterncoaching: Übungen für Zuhause, Umgang mit dem Kind
Darüber hinaus sollte die psychologische Behandlung den Selbstwert stärken, das Kind in der Selbstständigkeit fördern und emotionale bzw. kognitive Blockaden abbauen. Nicht selten ergeben sich psychische Probleme als Folge der Lese-Rechtschreibstörung. Immer wiederkehrende Misserfolge, ein erhöhter Zeitaufwand beim Lernen und bei Hausübungen, ein Mangel an Anerkennung, Hänseleien der Mitschüler/innen führen zu einer Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls. Viele Kinder reagieren mit Ängsten, sozialem Rückzug, oppositionellen oder depressiven Verhaltensweisen (Suchodoletz, 2007). Aus diesem Grund ist es zentral, nicht nur mit einem Training die Rechtschreib- und Lesefertigkeit zu verbessern, sondern auch die psychische Gesundheit des Kindes zu fördern und komorbide Probleme zu behandeln.
Anregungen und Übungen für Zuhause für Kinder mit Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten finden sie in unserem Download-Bereich.
Nähere Informationen zur Erstellung eines Gutachten zur Beantragung eines Vorlesers bei der thoretischen Führerscheinprüfung finden sie im Erwachsenen-Diagnostikbereich LRS-Führerschein.
Quellenangaben:
Kopp-Duller, A. (2000). Legasthenie-Training nach der AFS Methode. KLL Verlag.
Suchodoletz, W. (2007). Lese-Rechtschreib-Störung (LRS) - Fragen und Antworten. Eine Orientierungshilfe für Betroffene, Eltern und Lehrer. Stuttgart: Kohlhammer.